Schulaufsatz von 1903

"Eine Hauskatze ist ein vierbeiniges Quadruped, die Beine befinden sich wie üblich an den Ecken. Sie ist, was manchmal ein zahmes Tier genannt wird, obwohl sie Mäuse und Vögel raubt und frisst. Ihre Farben sind gestreift, sie bellt nicht, atmet aber durch die Nase, anstatt durch den Mund. Kater maunzen auch, was ihr alle gehört habt. Katzen haben neun Leben, was in diesem Land aber selten erwünscht ist, wegen dem Christentum. Katzen essen Fleisch und meistens alles, was Du Dir nicht leisten kannst. Das ist alles über Katzen."

Hommage an alle Katzen dieser Welt

von Judith Schmidt

 

Ich hatte mal eine Kollegin, die jede Katze schön fand. Egal ob Perser mit eingedrückter Nase, „Kuh“-Katzen, rote oder getigerte Katzen. Ich konnte das seinerzeit überhaupt nicht nachvollziehen, denn ich hatte nur Augen für unseren rabenschwarzen Persermischling. Alle anderen Katzen fand ich dagegen zu gewöhnlich bis hässlich.

 

Doch dann wollte es das Schicksal, dass wir eines Tages einen Wurf schwarz-weiße Kätzchen im Stall hatten. Allesamt mit einer rosa Nase. Ich fand rosa Nasen regelrecht abstoßend, doch mir war natürlich bewusst, dass der Charakter zählt und nicht das Aussehen. Als die Tierärztin sich die kleinen Schnupfkatzen anschaute und ich ihr sagte, wie ich über unpigmentierte Nasen denke, war sie ganz entrüstet und gab mir zu verstehen, dass sie selber auch eine Rosanasenkatze besitzt und diese wunderschön sei. Ups, da war ich wohl in ein Fettnäpfchen getreten. Demnach gab es also noch mehr Leute, denen rosa Nasen gar nichts ausmachte.

 

Die Tage vergingen und es kam, wie es kommen musste. Ich verliebte mich nicht nur in den Charakter der kleinen Bande, sondern auch ganz gezielt in deren rosa Näschen. Denn im Gegensatz zu den pigmentierten Nasen, spiegeln diese rosa Nasen, den Gemütszustand jeder einzelnen Katze hervorragend wieder. Döst die Katze eingerollt im Heu, ist die Nase blass, trocken und fast weiß. Doch fetzt sie im wilden Galopp durch die Gegend und spielt mit ihren Geschwistern nachlaufen, strahlt einem eine saftig rote Nase aus dem Katzengesicht entgegen. Ach es geht doch nichts über rosa Nasen.

 

Ebenso erging es mir mit Tigerkatzen. Früher fand ich die Zeichnung total langweilig, weil doch eigentlich fast jede zweite Katze eine Tigerkatze ist und Tigerkatzen sehen doch alle gleich aus. Aber meine Erfahrung belehrte mich eines Besseren. Es gibt die herrlichsten Varianten: Da gibt es den Puma unter den Tigerkatzen. Er hat im Grunde einen unifarbenen Körper, aber dafür sorgt eine außergewöhnlich, hübsche Gesichtsmaske für den Pumalook. Dann die Ozelotzeichnung. Die noch sehr selten unter den Tigerkatzen ist, doch sich immer größerer Beliebtheit erfreut. Und dann die gewöhnliche Tigerkatze, wo keine der anderen gleicht. Auf dem Rücken sind sie meist gestreift, doch der Bauch weist schnuckelige Tupfer auf. Die Hinterbeine sind zur Hälfte schwarz eingefärbt – wie Söckchen – und der Schwanz ist farbenfroh geringelt. Einfach entzückend! Das Gesicht ist eine wahre Pracht. Die Schnurrhaare werden durch kleine schwarze Pünktchen ums Mäulchen noch deutlicher hervorgehoben. Die Nase ist mit einem braunen Strich umrandet und die Augen ziert ein schwarzer „Eyeliner“. Im Grunde hat Mutter Natur wohl kaum ein zweites mal eine derart schöne Fellzeichnung, wie die einer Tigerkatze, hervorgebracht.

 

Und auch Katzen mit eingerückter Nase – obwohl ich die Zucht, mit ihren daraus resultierenden Krankheiten in keinster Weise gut finde – oder Katzen die durch einen Unfall verunstaltet wurden ... heute finde auch ich jede Katze wunderschön. Denn letztendlich ist es ihr Wesen und ihre Eleganz, die mich betört und die sie sich nie und nimmer nehmen lässt. Da kann der Mensch noch so viel mit diesen Geschöpfen anstellen und versuchen herumzuzüchten – das Wesentliche einer Katze bleibt stets erhalten und das zeichnet die Felidae unter den Abermillionen anderen Tieren wohl am meisten aus.

In diesem Sinne: Alle Katzen auf dieser Welt sind wunderschön und verdienen es, bewundert zu werden.